Daniel Schlegel
Einbruchschutz in Wohnanlagen und Mehrfamilienhäusern
Studien, Erkenntnisse und Tipps

Einbrecher finden immer wieder Wege, in unsere vier Wände einzudringen. Statistisch gesehen wird in Deutschland alle 3 Minuten irgendwo eingebrochen, was sich auf rund 300 Millionen Euro Schaden pro Jahr summiert. Doch der materielle Verlust ist oft nicht das Schlimmste: Viele Opfer kämpfen anschließend mit einem Gefühl des Verlustes von Sicherheit in den eigenen vier Wänden, das psychologisch schwerer wiegt als der finanzielle Schaden. Gerade Bewohner von Wohnanlagen und Mehrfamilienhäusern sollten die Gefahr nicht unterschätzen. In diesem Beitrag werfen wir einen tiefen Blick auf aktuelle Untersuchungen, polizeiliche Statistiken und Erfahrungen rund um Wohnungseinbruch – mit Fokus auf Wohnkomplexe und Mehrparteienhäuser. Außerdem geben wir praktische Tipps, wie man sich effektiv schützen kann.
🏠 Unterschiedliche Schwachstellen: Einfamilienhaus vs. Mehrfamilienhaus
Studien zeigen deutlich, dass Einbrecher je nach Objekt unterschiedliche Angriffspunkte bevorzugen.
Einfamilienhäuser:
In den meisten Fällen (~80 %) dringen Täter hier über leicht zugängliche, ebenerdige Fenster oder Fenstertüren (Balkon-, Terrassentüren) ein. Selbst gut einsehbare Fenster zur Straßenseite werden nicht verschont – ein gekipptes Fenster ist für geübte Diebe oft in Sekunden lautlos zu öffnen. Weitere Schwachstellen sind Kellerzugänge oder Garagen mit Hauszugang, die Hausbesitzer häufig übersehen.
Mehrfamilienhäuser:
Die Einstiegswege unterscheiden sich etwas. Fast die Hälfte aller Einbrüche in Mehrparteienhäuser erfolgt über die Wohnungstür im Inneren des Gebäudes. Viele Mieter machen es den Tätern dabei unfreiwillig leicht, indem sie ihre Tür nur ins Schloss fallen lassen und nicht abschließen. In nicht seltenen Fällen finden Ganoven sogar einen versteckten Wohnungsschlüssel unter der Fußmatte oder im Blumentopf – eine geradezu offene Einladung. Dennoch werden auch hier die meisten Einbrüche durch Fenster oder Balkontüren begangen, vor allem in Erdgeschosswohnungen. Oft brauchen Einbrecher dabei dank gekippter Fenster gar keine Gewalt anzuwenden, um ins Innere zu gelangen. Daraus wird klar: Sowohl mechanische Fensterabsicherungen als auch sichere Türschlösser sind in Mehrfamilienhäusern essenziell.
📊 Einbruchszahlen und Studienlage: Wohnanlagen im Visier
Entgegen der Vermutung vieler sind nicht Einfamilienhäuser, sondern Wohnanlagen deutlich häufiger Ziel von Einbrechern. Laut Kölner Studie entfallen über zwei Drittel aller Wohnungseinbrüche (rund 67 %) auf Mehrfamilienhäuser, während alleinstehende Einfamilienhäuser nur gut ein Viertel (circa 27 %) der Fälle ausmachen. Diese hohe Quote in Mehrparteienbauten mag auf den ersten Blick erstaunen – man könnte annehmen, mehr Nachbarn bedeuteten automatisch mehr soziale Kontrolle. Tatsächlich aber ist das Gegenteil der Fall. In dicht besiedelten Gegenden mit großen Wohnkomplexen ist die Einbruchdichte besonders hoch; Täter nutzen die Anonymität der vielen Parteien gezielt aus.
Gerade in Gebäuden mit Dutzenden Wohnungen kennen sich die Bewohner untereinander oft kaum. Einbrecher können unauffällig ein- und ausgehen, ohne Argwohn zu erregen, da Passanten in Treppenhaus und Flur meist annehmen, es handle sich um Nachbarn oder deren Besuch. Die Folge: Zeugen schenken verdächtigen Fremden wenig Beachtung und können Einbrecher später kaum beschreiben.
Auch die polizeiliche Dunkelfeldforschung stützt diese Erkenntnisse. So zeigte eine NRW-weite Opferbefragung, dass in Großstädten die Zahl der Wohnungseinbrüche pro Einwohner deutlich höher liegt als auf dem Land. Je größer die Stadt, desto mehr nutzen Täter die Anonymität und Unaufmerksamkeit in Mehrfamilienhäusern zu ihrem Vorteil. Bewohner dicht besiedelter Wohngegenden sollten sich also keinesfalls in falscher Sicherheit wiegen.
🕵️ Leichtes Spiel durch Anonymität und Tricks der Täter
Warum sind Wohnanlagen so attraktiv für Kriminelle? Ein wichtiger Faktor ist die Anonymität. „Auch die Anonymität in Hochhäusern oder Wohnanlagen kommt [Einbrechern] vielfach zugute“, betont Joachim Schneider, Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention. Viele Täter fühlen sich in großen Wohnblocks weniger gefährdet, entdeckt zu werden. Ihnen kommt zugute, dass fremde Gesichter im Treppenhaus oder Hof kaum auffallen.
Zweitens machen sich Einbrecher die Nachlässigkeit oder Hilfsbereitschaft mancher Hausbewohner zunutze. „In Mehrfamilienhäusern müssen sie nur an der Haustür bei einem oder mehreren Bewohnern klingeln – und schon sind sie drin“, warnt Helmut Rieche von der Initiative “Nicht bei mir!”. Immer wieder drücken Nachbarn arglos den Türöffner, ohne genau nachzufragen, wer Einlass begehrt. Auf diese Weise gelangen Täter ganz legal durchs Haupteingangsschloss ins Gebäude. Dort können sie in Ruhe die einzelnen Wohnungstüren prüfen oder Keller durchsuchen, ohne Spuren eines gewaltsamen Zutritts an der Außenhaut des Gebäudes zu hinterlassen.
Erdgeschosswohnungen sind besonders gefährdet: Wie Studien zeigen, enden in oberen Etagen rund 70 % der Einbruchsversuche im Versuchsstadium – Täter brechen ab, weil sie gestört werden oder keinen Erfolg haben. Im Erdgeschoss dagegen ist fast jeder zweite Einbruchsversuch erfolgreich. Das liegt daran, dass Wohnungen im Parterre neben der Wohnungstür oft weitere leicht erreichbare Zugangswege bieten, etwa Terrassen- oder Balkontüren.
Einbrecher können also ausweichen, falls die Wohnungstür gut gesichert oder bewohnt ist. Diese zusätzlichen Schwachstellen im Erdgeschoss müssen deshalb unbedingt besonders geschützt werden. Auch Kellerabteile oder Tiefgaragenzugänge in Mehrfamilienhäusern nutzen Diebe gern als Einstiegspforte, wenn sie ungesichert sind – hier sollten Bewohner und Verwaltungen ebenfalls ein wachsames Auge haben.
🛡️ Effektive Schutzmaßnahmen und Verhaltenstipps
Niemand ist dem Einbruchdiebstahl schutzlos ausgeliefert. Sowohl technische Sicherungen als auch umsichtiges Verhalten schrecken Einbrecher ab oder vereiteln ihre Taten. Die folgenden Tipps bündeln die wichtigsten Erkenntnisse aus Polizeiempfehlungen, Studien und Erfahrungen:
- Wohnungs- und Haustüren immer richtig abschließen: Ziehen Sie Türen nicht nur zu, sondern schließen Sie immer zweifach ab, auch wenn Sie das Haus nur kurz verlassen. Eine nur ins Schloss gezogene Tür lässt sich von geübten Tätern in Sekundenschnelle öffnen – oft sogar ohne sichtbare Beschädigung. Das gilt besonders nachts: Eine unverschlossene Tür ist für Einbrecher praktisch kein Hindernis. Zusatzschlösser oder Riegel können den Schutz weiter erhöhen.
- Fremde nicht ungeprüft ins Haus lassen: Seien Sie wachsam, wen Sie ins Gebäude hineinlassen. Nutzen Sie Türspion und Gegensprechanlage, bevor Sie den Türöffner betätigen. „Ein gesundes Misstrauen ist durchaus angebracht“, rät Sicherheitsexperte Helmut Rieche – fragen Sie im Zweifel lieber einmal mehr nach. Diese Vorsicht sollten auch alle Mitbewohner im Haus üben, damit Unbefugte gar nicht erst ins Treppenhaus gelangen.
- Fenster und Balkontüren sichern: Verschließen Sie alle Fenster, Balkon- und Terrassentüren, sobald Sie das Haus verlassen – auch bei kurzer Abwesenheit. Gekippte Fenster gelten als offen: Für Einbrecher ist ein nur angelehntes Fenster praktisch kein Hindernis. Statten Sie Fenster in leichter erreichbarer Lage (Erdgeschoss, Keller) mit einbruchhemmenden Beschlägen aus. Die Polizei empfiehlt etwa, veraltete Rollzapfen durch moderne Pilzkopfverriegelungen zu ersetzen, die beim Schließen rundum in stabile Schließbleche greifen. Solche Nachrüstungen machen das Aufhebeln deutlich schwerer.
- Nachbarn einbeziehen und wachsam sein: Eine aufmerksame Hausgemeinschaft ist ein wirksamer Schutz. Achten Sie im Mehrfamilienhaus auf ungewöhnliche Geräusche oder fremde Personen im Flur. Wenn etwas verdächtig erscheint, rufen Sie sofort die 110 – lieber einmal zu viel als zu wenig, betont Polizeidirektor Schneiderrnd.de. Notieren Sie Kennzeichen fremder Fahrzeuge oder Personsbeschreibungen, falls Ihnen etwas komisch vorkommt. Informieren Sie vertrauenswürdige Nachbarn bei Abwesenheit, damit diese ein Auge auf Ihre Wohnung haben (Post entnehmen, Rollläden bewegen etc.), um Anwesenheit vorzutäuschen.
- Mechanischen Schutz ergänzen: Investieren Sie in geprüfte Sicherheitstechnik. Einbruchhemmende Türen mit Mehrfachverriegelung und Zusatzschlösser können Wohnungstüren erheblich widerstandsfähiger machen. Auch Fenstergitter oder abschließbare Fenstergriffe im Erdgeschoss erhöhen die Hürde für Einbrecher. Lassen Sie sich idealerweise von einer polizeilich zertifizierten Fachfirma beraten, welche Nachrüstungen in Ihrem Objekt sinnvoll sind.
- Alarmanlage in Betracht ziehen: Eine professionelle Einbruchmeldeanlage kann Einbruchsversuche frühzeitig erkennen und melden. Einbrecher prüfen oft vorab, ob Alarmtechnik vorhanden ist – sichtbar angebrachte Alarmanlagen oder Kameras wirken nachweislich abschreckend. Rund 60 % der Täter brechen ihren Versuch ab, sobald sie eine Alarmanlage entdecken. Dringt doch jemand ein, ertönt ein lauter Alarm und es wird automatisch Hilfe verständigt. Moderne Anlagen lassen sich sogar per Smartphone überwachen. Insbesondere in gefährdeter Lage (Erdgeschoss, abgelegene Lage oder häufiger Einbruch in der Gegend) lohnt sich diese Investition in Sicherheitrnd.de. Tipp: Mieter sollten vor Installation jedoch den Vermieter einbeziehen – oft können einfache kabellose Systeme ohne bauliche Veränderungen eingesetzt werden.
🔑 Fazit: Wissen nutzen und Sicherheit steigern
Wohnanlagen und Mehrfamilienhäuser bieten Einbrechern leider oft mehr Chancen als erwartet – doch mit dem richtigen Wissen lässt sich gegensteuern. Polizeiliche Studien und Erfahrungsberichte zeigen, wo die Schwachstellen liegen und welche Schutzmaßnahmen wirken. Bewohner sollten diese Erkenntnisse nutzen: Durch umsichtiges Verhalten im Alltag und gezielte technische Sicherheitsausstattung können sie das Einbruchsrisiko deutlich senken. Gerade in anonymen Wohnkomplexen gilt es, sich nicht in falscher Sicherheit zu wiegen, sondern aktiv für die eigene Sicherheit und die der Nachbarn zu sorgen. Denn letztlich geht es um mehr als materielle Werte – es geht um das Gefühl, sich in den eigenen vier Wänden geborgen zu fühlen. Mit präventiven Maßnahmen und einer wachsamen Hausgemeinschaft wird genau dieses Gefühl nachhaltig gestärkt.
Quellen: Polizei-Studien und -Empfehlungen, BHE-Analysen, Fachmagazine zur Sicherheitstechnik sowie Presseberichte und Erfahrungsberichte aus der Wohnungswirtschaft.

















































